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Weltweit sind knapp 60 Millionen Menschen auf der Flucht.
So viele hat die UNHCR noch nie gezählt. Und heute am 20. Juni ist der internationale Tag des Flüchtlings - Grund genug, um sich grundlegende Gedanken zum Thema Flucht zu machen.
Niemand flieht ohne Grund, egal ob wegen Kriegen, Armut oder Naturkatastrophen. Trotzdem wird in der Öffentlichkeit häufig unterschieden zwischen "asylwürdigen Kriegsflüchtlingen" und "asyl
unwürdigen Armutsflüchtlingen". Allerdings sollte jedem dabei bewusst sein, dass die EU und Deutschland aktiv Fluchtursachen schaffen, vor allem durch Waffenexporte in Konfliktregionen oder auch durch
unfairen Handel. Denn auf Grundlage von Handelsabkommen mit Staaten in Afrika werden europäische Produkte dort so billig, dass die Märkte ruinert werden und dadurch die Lebensgrundlage der Menschen zerstört wird. Eine derartige Unterscheidung verzerrt also die Tatsachen und ist ein Argument, um sich von Verantwortung zu entziehen.
Eingebettet ist eine solche Unterscheidung in einer Abschottungslogik, wie sie die EU an ihren Außengrenzen betreibt. Statt Grenzen zu öffnen und Geflüchteten Schutz zu gewähren,
hat die EU-Außenbeauftragte Mogherini den Schleusern den Krieg erklärt. Mit einem robustes Mandat der Vereinten Nationen sollen demnach Schlepperboote von der Luft aus, auf See oder gar schon an Land überwacht, an der Überfahrt nach Europa gehindert und schließlich zerstört werden. Dass so das Leben von Schutzsuchenden gefährdet wird, wird dabei billigend in Kauf genommen.
Interessant ist dabei auch zu sehen, wie sehr der Begriff "Schleuser" im Laufe der Zeit umgewertet wurde. Früher waren Schleuser Helden, die Menschen aus der DDR oder Nazideutschland gerettet haben. Heute werden Schleuser ausschließlich im Zusammenhang mit Bandenkriminalität und Menschenhandel genannt. Diese Vorverurteilung hatte bereits dramatische Folgen, wie das Beispiel eines
angeblichen Geisterschiffs auf dem Mittelmeer zeigt. Da Flüchtende keine andere Wahl haben, als Unsummen an Schleuser zu zahlen, um überhaupt nach Europa zu kommen, ist dieses Mandat besonders zynisch. Was Schutzsuchenden hilft, ist nicht der Krieg gegen Schleuser, sondern nur Fähren, eine
ziviele Seenotrettung und legale Einreisemöglichkeiten können ihnen helfen.
Aber auch hierzulande werden die Probleme nicht weniger. Nachdem der Abstimmungstermin mehrmals verschoben worden ist, will der Bundestag noch vor der Sommerpause
über eine höchst umstrittene Bleiberechtsreform entscheiden. Die Folgen dieser Reform wären massenhafte Inhaftierungen und Abschiebungen von Geflüchteten. In Anbetracht der Tatsache, dass es belegte Fälle von Misshandlungen an Geflüchteten gibt und dass Ziel dieser Abschiebungen EU-Außenstaaten wären, die entweder keine menschenwürdige Unterbringung gewährleisten können oder in denen Geflüchtete wieder inhaftiert und diskriminiert werden, ist diese Reform vollkommen unverantwortlich.
Schwierig ist auch weiterhin der
Zugang zum Arbeitsmarkt für Geflüchtete. Zwar endet das Arbeitsverbot mittlerweile nicht mehr nach neun, sondern nach drei Monaten. Allerdings gilt eine Vorrangprüfung von 15 Monaten, durch die EU-BürgerInnen Schutzsuchenden vorgezogen werden. Statt für Schutzsuchende schnell und unbürokratisch den Eintritt in die Arbeitswelt zu ermöglichen, werden sie faktisch weiter in den Sozialbezug gedrängt. Von Rechtsgleichheit kann in diesem Punkt also keine Rede sein.
Darüber hinaus sind Geflüchtete immer noch willkürlichen Kürzungen seitens der zuständigen Behörden ausgesetzt. Aber auch das Asylbewerberleistungsgesetz zementiert eine gewisse Willkür. So haben Geflüchtete nur dann einen
Anspruch auf medizinische Versorgung, wenn ein konkreter Notfall vorliegt. Diejenigen, die dies beurteilen, sind allerdings nicht dazu in der Lage. Dieser Ausschluss von Schutzsuchenden aus dem hiesigen Sozialsystem dürfte in einem reichen Land wie Deutschland erst gar nicht stattfinden.
Die Herausforderungen für FlüchtlingshelferInnen werden auf absehbarer Zeit nicht weniger. Und auf all das hat das Ehrenamt Antworten, es sollte aber nicht die Antwort sein. Es ist nicht die Aufgabe von FlüchtlingshelferInnen, die Aufgaben von anderen zu übernehmen. Eine Aufgabe ist es aber, diese Probleme stets zu thematisieren und Forderungen an die Politik heranzutragen.